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19.03.2020 | Quelle: Der Neue Tag

Neues Gesetz im Eiltempo: Entschlossenheit im Landtag

Fast trotzig kündigt Landtagspräsidentin Ilse Aigner an, dass der Landtag arbeitsfähig bleiben muss – trotz Coronakrise. Nur 3 der 16 Oberpfälzer Parlamentarier sind vor Ort bei der Sitzung, in der über das neue Infektionsschutzgesetz beraten wird. 

Von Jürgen Umlauft 
 
München. Als Bayerns Abgeordnete sich in die Faschingsferien verabschiedeten, ahnte keiner, dass man sich vier Wochen später in reduzierter Notbesetzung im Krisenmodus wiedersehen würde. Corona aber stellt nun auch die Volksvertreter vor neue Herausforderungen. „Der Landtag muss und wird arbeitsfähig bleiben“, hat Präsidentin Ilse Aigner (CSU) fast schon trotzig angekündigt. Trotzdem sind die meisten Ausschusssitzungen ausgesetzt, das Plenum tagt heute mit einer Rumpfmannschaft von 41 Abgeordneten. Die Vermeidung zusätzlicher Ansteckungen ist auch im Landtag oberstes Gebot. 
Für 80 Prozent der Abgeordneten, darunter auch die meisten aus der Oberpfalz, bedeutet der Notbetrieb: Homeoffice. Nur 3 der 16 Parlamentarier aus der Oberpfalz werden heute in München sein: CSU-Fraktionsvize Tobias Reiß, seine Amtskollegin von den Freien Wählern, die Regensburgerin Kerstin Radler, sowie deren Fraktionskollege Tobias Gotthardt aus Kallmünz. Reiß ist schon seit Montag in München, als parlamentarischer Geschäftsführer der CSU war er in mehreren Gremiensitzungen gefordert, um den Landtagsbetrieb zu gewährleisten. 
 
In Gedanken aber ist Reiß bei den Menschen in seinem Heimatlandkreis Tirschenreuth, wo zu letzt die Zahl der Corona-Infizierten mit einem Schlag in die Höhe schnellte und in der Zwischenzeit in Mitterteich sogar Ausgangssperre verhängt worden ist. Die große Herausforderung zur Eindämmung der Epidemie dort beschäftige ihn sehr, sagt Reiß. Trotzdem versucht er, Zuversicht zu verbreiten. „Angst als Ratgeber ist immer schlecht“, betont er. Auch wenn er jetzt gerne zu Hause mithelfen würde, jeder müsse in der gegenwärtigen Lage an der ihm zugewiesenen Stelle seine Arbeit leisten – „ernsthaft und gewissenhaft“. Dem stelle er sich seinen Aufgaben entsprechend nun im Landtag. 
 
Aufschub nicht verantwortbar
Dort arbeitet er daran, das neue Infektionsschutzgesetz mit weitreichenden Befugnissen für die Staatsregierung bei der Bekämpfung gesundheitlicher Notstandslagen schon heute im Eiltempo ohne lange Beratung zu verabschieden. Vor allem bei der SPD gibt es wegen der Eile rechtsstaatliche Bedenken. Reiß hofft, diese mit Gesprächsbereitschaft für Anpassungen im Detail noch vor der Sitzung ausräumen zu können. Im Grundsatz sieht er es wie sein Hofer CSU-Kollege Alexander König: „Wir können einen Aufschub eigentlich nicht verantworten, weil wir nicht wissen, wie die Lage in der nächsten Woche ausschaut.“ 
 
Keine machtpolitischen Spielchen 
Gotthardt geht trotz der auch aus seiner Sicht sehr ernsten Lage „relativ entspannt“ in die Landtagssitzung. Im Plenum seien wegen der Rumpfbesetzung die Abstände zu den Kollegen groß. Und überhaupt: „Andere Berufsgruppen arbeiten ja auch!“ 
Gotthardt war in diesen Tagen ebenfalls schon an Gesprächen in München beteiligt und hat bei den Ministern eine „gewisse Anspannung“ festgestellt. Was er aber auch erlebt hat – und das wertet er als positives Zeichen – ist Entschlossenheit. Überraschend dezente, ja beinahe staatstragende Töne kommen sogar von der AfD. „Ich erwarte große Geschlossenheit über alle Fraktionen hinweg“, teilt der an der heutigen Sitzung teilnehmende „Flügel“-Mann Martin Böhm mit. Es wäre ein wichtiges Signal an die Bürger, „dass wir uns in dieser Lage nicht in machtpolitischen Spielchen ergehen“. Man wird sehen.